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Schwarmverhalten : Intelligence(s) series 📖

Schwarmverhalten ist eine Form von intelligentem Verhalten, das wir an vielen Stellen unserer Umwelt beobachten können. In einer verfeinfachten Form können wir mit algorithmischen Modellen dieses Verhalten beschreiben und simulieren. Die folgenden Prototypen sind experimentelle Werkzeuge um dieses Verhalten aus gestalterischer Perspektive zu erkunden.

SWARM #0 – Simulator für einfaches Schwarmverhalten

Die algorithmische Simulation von Schwarmverhalten, bekannt als „flocking behaviour“, basiert auf drei grundlegenden Verhaltensregeln. Jedes aktive Element eines Schwarms, oft als „boid“ bezeichnet, muss diese Regeln in einem dezentralen System mit nur geringer Varianz einhalten. Die drei elementaren Regeln sind die Separation, die Kohärenz und die Ausrichtung. Diese Verhaltensregeln wirken zu jedem Zeitpunkt simultan, können jedoch je nach Situation und Parametrisierung einen unterschiedlich starken Einfluss auf das konkrete Verhalten des einzelen boids haben.

Separation bedeutet, dass ein boid versucht, Kollisionen zu vermeiden, indem es sich von allen anderen boids in seiner unmittelbaren Umgebung wegbewegt und einen gewissen Mindestabstand einhält.

Kohärenz, auch als „Zusammenhalt“ bezeichnet, beschreibt den Impuls eines Boids, sich in Richtung der durchschnittlichen Position seiner nahen Nachbarn zu bewegen, um den Schwarm als Ganzes zusammenzuhalten und ein Auseinanderdriften zu verhindern.

Ausrichtung ist das Bestreben eines Boids, seine eigene Bewegungsrichtung an die durchschnittliche Flugrichtung seiner Nachbarn in der Nähe anzupassen. Dies führt zur Synchronisation und einer koordinierten Gesamtbewegung des Schwarms.

Der folgende Prototyp bietet Slider an, welche es ermöglichen, die Wirkungskraft und Gewichtung dieser drei Regeln auf alle boids gleichzeitig zu modifizieren. Dadurch kann man in Echtzeit beobachten, wie sich die Veränderung dieser Parameter unmittelbar auf das entstehende Bewegungsmuster und das Erscheinungsbild des Schwarms auswirkt.

CODE AND ONLINE DEMO: https://editor.p5js.org/brucexxxbanner/sketches/Ww-CgkBOM


SWARM #1 – Der Schwarm als interaktives Zeichenwerkzeug

Ausgehend vom Basismodell des „flocking behaviour“ lassen sich an verschiedenen Stellen der Simulation Interaktionen integrieren, die das Verhalten des Schwarms maßgeblich beeinflussen. Der folgende Prototyp ermöglicht es complexe Formen mit der Maus im Zusammenspiel mit dem Schwarm zu zeichnen. Ist die Maus gedrückt, werden kontinuierlich neue boids hinzugefügt, die angehalten sind, der Mausposition zu folgen. Jeder boid hat zudem ein eigenes Alter, das kontinuierlich fortschreitet. Mit fortschreitendem Alter ändert sich der Radius und das Verhalten des Boids bis zum Tod.

CODE AND ONLINE DEMO: https://editor.p5js.org/brucexxxbanner/sketches/Tt4BPjZLi


SWARM #2 – Schwarmverhalten im festes Raster

Diese Versuchsanordnung zeigt boids, die initial in einem festen Raster angeordnet sind und angehalten sind in der Nähe dessen zu verharren und sich zu unterschiedlichem Agilitätsgrad an der Mausposition ausrichten.

CODE AND ONLINE DEMO: https://editor.p5js.org/brucexxxbanner/sketches/Jyx8mCG4H


SWARM #3 – Erweiterung der Grundregeln des Schwarmverhaltens

Um die Simulation von Schwarmverhalten jenseits der Ausrichtung auf ein spezifisches Ziel hinaus beeinflussen zu können, braucht es einfache algorithmische Regeln über die drei bestehenden Grundregeln hinaus, die für jeden einzelnen boid anwendbar sind. Im folgenden Prototypen wird das Lenkverhalten zusätzlich durch eine Voronoi Diagram Logik beeinflusst – d.h. die boids stossen sich in spezifischen Winkeln zueinander ab. Diese erweiterte Form des Verhaltens – hybrid behaviour – ermöglicht es den Schwarm für formale Lösungen oder Problemlösungen auszurichten.

CODE AND ONLINE DEMO: https://editor.p5js.org/brucexxxbanner/sketches/f0nZEDjGe


SWARM #4 – Variation der Visualisierungsmatix

Die Visualisierung der einzelnen boids über die Zeichnung von einfachen Kreisen auf einem Canvas Bufffer ist die direkteste Form der Darstellung. Diese Form der Darstellung ist in viele Richtungen erweiterbar und offenbart diverse formale Ausrichtungen und Variationen. Die grundlegenden Verhalten der einzelnen boids sind dabei strukturelle Navigatoren und beeinflussen die FOrmgebung entscheidend. Dieser Prototyp verwendet die Distanz der boids zueinander. Bei einer Distanz unter einer bestimmten Reichweite wird eine Verbindungslinine gezeichnet. die Deckkraft der Line nimmt mit geringerer Distanz zu.

CODE AND ONLINE DEMO: https://editor.p5js.org/brucexxxbanner/sketches/LBSSkPQYT


Schwarmzeichnung 2 Objekt mit generativer KI

Mit Hilfe generativer KI lassen sich die Schwarmzeichnungen in realisitsch anmutende Bilder von Objekten transformieren. (hier T2I Depth / Stable Diffusion 1.5). Die monochrome Farbinformation wird hierzu als Tiefenmaske verwendet um eine spezifische Form aus der Vorzeichung zu generieren. Materialtät oder Lichtspiel bzw. die allgemeine Interpretation der Form ist hierbei frei wählbar.


raw drawing renderning

depth based


Mit KI basierten Bildgeneratoren lassen sich aus einfachen Ansichten verschiedene Perspektiven auf das generierte Objekt erschaffen.

📖 THEORIE

Was ist Schwarmverhalten?

Schwarmverhalten beschreibt die kollektive Bewegung oder das koordinierte Handeln einer großen Anzahl von Individuen, die ohne zentrale Steuerung zusammenwirken. Dabei folgen die einzelnen Mitglieder einfachen lokalen Regeln, die auf der Wahrnehmung ihrer unmittelbaren Nachbarn basieren. Ein klassisches Beispiel ist ein Vogelschwarm, der sich scheinbar mühelos durch die Luft bewegt, obwohl jeder Vogel nur auf die Position und Geschwindigkeit seiner Nachbarn achtet. Ein weiteres anschauliches Beispiel ist ein Fischschwarm, der blitzschnlich die Richtung ändern kann, um einem Räuber auszuweichen, ohne dass es einen Anführer gibt. Das Prinzip dahinter ist, dass durch simple Interaktionen – wie Abstand halten, sich anpassen und zusammenbleiben – komplexe und adaptive Muster entstehen. Diese Selbstorganisation ermöglicht es der Gruppe, als Ganzes intelligent und effizient zu handeln, obwohl jedes Individuum nur begrenzte Informationen hat.

Vorkommen und Bedeutung in Natur, Technik und Wissenschaft

In der Natur ist Schwarmverhalten allgegenwärtig und von großer Bedeutung für das Überleben vieler Arten. Vogelschwärme nutzen es zur Energieersparnis während des Flugs, Fischschwärme zum Schutz vor Fressfeinden, und Ameisenkolonien koordinieren so die Nahrungssuche. In der Technik wird Schwarmverhalten in der Robotik und künstlichen Intelligenz genutzt, um Schwarmroboter zu entwickeln, die gemeinsam Aufgaben wie Erkundung oder Reinigung bewältigen, ohne auf eine teure Zentraleinheit angewiesen zu sein. In der Wissenschaft, insbesondere in der Komplexitätsforschung, hilft es, Phänomene wie Verkehrsstaus oder Menschenmengen zu modellieren und zu verstehen. Die Relevanz liegt in der Effizienz und Robustheit solcher Systeme: Sie sind fehlertolerant, da der Ausfall einzelner Individuen die Gesamtleistung kaum beeinträchtigt, und sie können sich dynamisch an Veränderungen anpassen.

Verhältnis zu anderen natürlichen Strategien und Wechselwirkungen

Schwarmverhalten steht in engem Verhältnis zu anderen kollektiven Strategien in der Natur, wie etwa der Arbeitsteilung in staatenbildenden Insekten oder der Kooperation in sozialen Gruppen von Säugetieren. Während Schwarmverhalten oft auf einfachen, dezentralen Regeln basiert, involvieren andere Strategien manchmal komplexere Kommunikation oder Hierarchien, wie bei der Jagd in Wolfsrudeln. Konflikte können entstehen, wenn Schwarmverhalten mit individuellen Interessen kollidiert, beispielsweise wenn ein Tier in einer Herde eigene Überlebensstrategien verfolgt, die dem Schwarm abträglich sind. Zudem konkurriert Schwarmintelligenz manchmal mit zentralisierten Systemen, etwa in der Technik, wo dezentrale Ansätze zwar robust, aber möglicherweise weniger präzise sind als zentral gesteuerte Lösungen. Dennoch ergänzen sich diese Strategien oft: In gemischten Ökosystemen nutzen Arten Schwarmverhalten zur Verteidigung, während Räuber koordinierte Taktiken anwenden, um Schwärme zu überlisten.