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Der menschliche Körper ist unsere breiteste, emotionalste und effizienteste Schnittstelle zur Welt. Er ist unser primäres Werkzeug, um mit unserer Umgebung zu interagieren, sie zu gestalten und durch sie zu lernen. Durch den Einsatz von KI können wir diese Verbindung neu denken: Synästhetische Schnittstellen, die unterschiedliche Sinne und Wahrnehmungsebenen verbinden, eröffnen uns radikal neue kreative Möglichkeiten. Gleichzeitig bleibt der Körper das Zentrum, das diese Technologien nutzt, um kreative Prozesse sinnlich, emotional und bedeutungsvoll zu machen.
Die Integration des Körpers in kreative Prozesse ist keine nostalgische Rückkehr zu „handgemachter“ Gestaltung, sondern eine notwendige Reaktion auf die immer stärkere Automatisierung durch KI. Viele der Dinge, die uns als Kreative Freude bereiten – das Experimentieren, das Scheitern und die unvorhersehbaren Wendungen – drohen durch die Effizienz und Perfektion von KI verloren zu gehen. Diese Haltung ist keine rein künstlerische Entscheidung, sondern ein aktivistisches Statement gegen die zunehmende Entfremdung und Standardisierung von kreativer Arbeit.
Warum der Körper unverzichtbar ist
Die Einbindung des Körpers in kreative Prozesse ist mehr als nur ein Konzept. Es geht darum, Gestaltung wieder sinnlich und direkt erfahrbar zu machen. Wenn der Körper aktiv beteiligt ist, bringt er physische Grenzen und Fehler mit sich, die durch Automatisierung oft eliminiert werden. Doch gerade diese „Fehler“ schaffen Tiefe, Einzigartigkeit und oft auch Innovation.
Zum Beispiel wird in der Innenarchitektur zunehmend mit dem Konzept der körperzentrierten Raumgestaltung gearbeitet. Hierbei geht es darum, wie Bewegungen im Raum – sei es durch Gehen, Sitzen oder Arbeiten – direkte Inspiration für Raumstrukturen liefern. Die Künstlerin Lygia Clark hat bereits in den 1960er-Jahren gezeigt, wie interaktive, haptische Objekte Menschen dazu bringen, den Raum um sie herum bewusst zu erfahren und zu gestalten. Diese Ansätze können heute durch den Einsatz von KI und dynamischen Materialien weiterentwickelt werden.
Der Körper als Gegenpol zur Entfremdung
Automatisierte Prozesse schaffen Distanz zwischen Kreativen und ihrem Werk. Wenn der Körper aktiv in die Gestaltung einbezogen wird, entsteht eine direkte Verbindung zwischen Mensch, Material und Idee. Keramikworkshops, in denen Ton direkt mit den Händen geformt wird, verdeutlichen diesen Ansatz: Die taktile Interaktion mit dem Material beeinflusst das Endergebnis auf eine Art, die kein Algorithmus vorhersagen kann.
Kollaborative Körperlichkeit
Wenn mehrere Menschen ihre Körper in einen gemeinsamen kreativen Prozess einbringen, entstehen dynamische Formen der Zusammenarbeit. TeamLab, ein japanisches Kollektiv, zeigt in seinen interaktiven Installationen, wie die Bewegungen vieler Menschen gemeinsam immersive Kunstwerke erschaffen. Diese Prinzipien könnten auf die Gestaltung von Objekten und Räumen übertragen werden. Denkbar wäre ein kreatives System, bei dem KI Bewegungsdaten mehrerer Personen analysiert und daraus Vorschläge generiert, die nur in Zusammenarbeit realisierbar sind.
Ein Beispiel für kollaborative Körperlichkeit wäre ein modulares Möbelstück, das durch Bewegungen mehrerer Personen geformt und angepasst wird. Ein solcher Ansatz ließe sich auf gemeinschaftliche Räume ausweiten, die von Gruppen ko-kreativ gestaltet werden könnten. Die Philosophie von Lygia Clark bietet hier eine Inspiration: Ihre Arbeiten zeigten, wie Interaktionen zwischen Körpern und Objekten soziale Verbindungen fördern können. Ähnlich könnten heutige KI-Systeme genutzt werden, um Bewegungsdaten von Gemeinschaften zu erfassen und daraus Vorschläge für die Gestaltung von Räumen oder Möbeln zu generieren, die soziale Interaktionen aktiv unterstützen. Projekte wie die „Open Design Spaces“ von Studio Weave demonstrieren, wie kollaborative Raumgestaltung Gemeinschaftsgefühl stärken und soziale Schranken überwinden kann.
Emotionale Resonanz und Geschichten
Produkte, die durch körperliche Prozesse entstehen, tragen narrative und emotionale Tiefe in sich. Sie sind keine anonymen Ergebnisse von Algorithmen, sondern erzählen die Geschichte ihrer Entstehung. Das Konzept der Sympoiesis von Donna Haraway – des gemeinsamen Schaffens – verdeutlicht, wie Mensch und Maschine gemeinsam Werke schaffen können, die emotional und gesellschaftlich relevant sind.
Ein Beispiel hierfür wäre ein Objekt, das durch die wiederholten Bewegungen eines oder mehrerer Menschen geformt wird. Diese „Spuren“ der Gestaltung werden sichtbar und verleihen dem Produkt Authentizität und Einzigartigkeit. Solche narrativen Dimensionen lassen sich durch KI noch verstärken, indem sie Muster erkennt und kreative Vorschläge macht, die die Geschichte des Prozesses weitertragen.
Den kreativen Prozess Entglätten!
Eine der spannendsten Fragen ist, wie KI dazu genutzt werden kann, den kreativen Prozess zu bereichern, statt ihn zu glätten. Wäre es möglich, eine KI zu entwickeln, die absichtlich Fehler provoziert? Diese Fehler könnten dann von Menschen aufgegriffen und weiterentwickelt werden, wodurch unerwartete und innovative Ergebnisse entstehen
Nachhaltigkeit
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Nachhaltigkeit körperzentrierter Gestaltung. Nachhaltigkeit kann jedoch nicht allein durch Zeit oder Handarbeit erreicht werden, sondern erfordert gezielte Entscheidungen bei der Materialauswahl, der Ressourcennutzung und der lokalen Produktion. KI könnte hierbei eine aktive Rolle spielen, indem sie die Herkunft und Zusammensetzung von Materialien analysiert und Vorschläge für ressourcenschonende Alternativen macht. Darüber hinaus könnte KI die Effizienz in Recyclingprozessen steigern, indem sie Materialien sortiert oder optimale Verarbeitungsmethoden identifiziert. Diese Ansätze zeigen, wie technologische Werkzeuge genutzt werden können, um nachhaltige Praktiken mit kreativen Prozessen zu verbinden.
INTERESSANT
Der Körper als Zentrum kreativer Potenz
Die Idee, den menschlichen Körper durch Technik zu ersetzen oder zu optimieren, wie es der Transhumanismus propagiert, greift zu kurz. Der Körper ist nicht nur ein Werkzeug, das durch Maschinen verbessert werden kann, sondern ein komplexes Zentrum von Sinnlichkeit, Emotion und Kreativität. Die Herausforderung besteht nicht darin, den Körper zu überwinden, sondern seine Potenziale in vollem Umfang zu nutzen und zu erweitern. Technik sollte nicht als Ersatz, sondern als Katalysator dienen, der den Körper in seiner gesamten Tiefe ermächtigt.
In der Kunst spiegelt sich diese Haltung in den Arbeiten von Rebecca Horn wider. Ihre mechanischen Erweiterungen des Körpers, wie „Finger Gloves“ oder „Pencil Mask“, zeigen, wie Technik die Reichweite des Körpers vergrößern kann, ohne ihn zu entmenschlichen. Diese Werke verdeutlichen, dass der Körper durch Technik nicht ersetzt, sondern in seiner kreativen Kapazität verstärkt werden kann.
>>> hier auch die Arbeiten von Lucie MCGae
Erweiterung des Körperbegriffs ( ANTI TRANSHUMANIST – NEO HUMAN?!?) : Es wäre spannend zu überlegen, wie die Erweiterung des Körpers durch technologische Mittel – etwa durch Prothesen, Wearables oder Robotik – nicht nur die physische Gestaltung beeinflusst, sondern auch die Wahrnehmung des Körpers und seiner Beziehung zu digitalen Tools.
Gesellschaftliche Dimension: Es wäre interessant zu überlegen, wie diese Ansätze nicht nur in der Kunst, sondern auch in breiteren gesellschaftlichen Kontexten wie Bildung, Gesundheit oder sozialen Bewegungen angewendet werden können.
Kollaborative Intelligenz: Ein weiterer Impuls könnte sein, wie der kreative Prozess durch eine wirkliche Kollaboration zwischen Mensch und KI oder zwischen Mensch und Mensch , oder zwischen Mensch und Menschngruppe oder Mensch und Daten oder andere Hybride Fromen als gleichwertige Partner gestaltet werden kann. Hier könnte der Körper als Vermittler zwischen diesen beiden Welten fungieren.