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Reverse Engineering speculative Organs – ( Object oriented Ontology ) 📖

Die ist ein Gestaltungsexperiment das sich um spekulative Formen, Funktionen, spekulative Organe dreht. Ausgangspunkt der Übung sind kontextlose rein formale …

Die ist ein Gestaltungsexperiment das sich um spekulative Formen, Funktionen, spekulative Organe dreht. Ausgangspunkt der Übung sind kontextlose rein formale Visualisierungen mit groben 3D Geometrien. Aus diesen Renderings werden durch Img2Img/T2dDepth Workflows mit generativer KI – Visualisierungen mit spezifischen, sehr detailierten Features generiert.

basice 3D geormetry done in Blender
interpolated organ visualization done with img2img / t2iDepth

Ausgangspunkt hierbei sind

Die Geschichtete Metabolische Kammer
Die auffälligste Komponente des synthetischen Organs ist die weiße, geschichtete Struktur mit leicht pinkfarbener Tönung. Dieses Element präsentiert sich als eine Serie von kompakten, gestapelten Platten, eingebettet in eine weiche, organisch wirkende Matrix. Die repetitiv-lamellare Form maximiert spekulativ die Oberfläche für einen intensiven Stoffaustausch. Die abgeleitete Funktion ist daher primär die Metabolische Regulation und Filtration. Ähnlich den Tubuli einer Niere oder den Alveolen einer Lunge könnte dieses Element als ein hocheffizienter Bioreaktor zur Blutreinigung dienen. Die Pinkfärbung könnte darauf hinweisen, dass es sich um ein künstliches Gewebe handelt, das auf Basis von Muskelzellen (oder stark vaskularisiertem, also blutreichem, Filtermaterial) konstruiert wurde, was einen sehr hohen Energieumsatz und eine kontinuierliche Pumpfunktion für den Flüssigkeitsaustausch im System erfordert.

Das Reservoir für Abfallstoffe und Strukturbasis
Die glänzende, schwarze, amöboide Masse bildet die morphologische Basis des gesamten Gebildes und sorgt für eine starke visuelle und strukturelle Verankerung. Ihre dichte, fließende Erscheinung, die an eine hochviskose Flüssigkeit oder einen polymeren Feststoff erinnert, deutet auf eine Funktion als Speicher und Sequestrierungseinheit hin. Dieses Reservoir ist spekulativ dafür konzipiert, die endgültigen Abfallprodukte oder hochtoxischen Verbindungen, die in der metabolischen Kammer herausgefiltert wurden, aufzunehmen und sie effektiv vom Körpersystem zu isolieren. Die schwarze Färbung symbolisiert in diesem Kontext eine hohe Dichte an gebundenen Toxinen. Gleichzeitig dient diese Komponente als zentraler Ankerpunkt für die gesamte Geometrie und könnte eine mechanische Funktion zur Bewegung oder Positionierung des Organs mittels der dort integrierten Muskelzellen (wie von Ihnen angedacht) innehaben.

Die Sensorische Monitoring-Kapsel
Die glasklare, leuchtend grüne Kugel mit einer feingliedrigen, irisartigen Innenstruktur sticht als präziser optischer oder sensorischer Komplex hervor. Funktionell wird dies als autonome Monitoring-Einheit interpretiert. Die Ähnlichkeit zu einem Augapfel legt die Fähigkeit zur Erfassung von externen (Licht, Farbe, Temperatur) oder internen (Konzentrationsgradienten) Signalen nahe. Dieses Organ dient dazu, die Betriebsparameter der metabolischen Kammer (z. B. pH-Wert, Sauerstoffsättigung oder das Vorhandensein spezifischer Moleküle) kontinuierlich zu überwachen. Damit fungiert es als Regelzentrum, das über neuronale oder chemische Signale die Aktivität des gesamten Systems in Echtzeit auf die Bedürfnisse des Wirtsorganismus anpasst.

Das Sekretionssystem und die Verbindungsneuronen
Die kleinen, magentafarbenen und hellen Perlen auf der Oberfläche, zusammen mit den dünnen Filamenten, die zu den schwarzen Kügelchen führen, stellen die Schnittstellen zur Kommunikation und dem Stoffaustausch dar. Die Perlen können als Sekretions-Vesikel interpretiert werden, die Hormone, Wachstumsfaktoren oder Immunmodulatoren verpacken und bei Bedarf freisetzen. Dies integriert das synthetische Organ in die endokrine Signalkette des Wirts. Die Filamente stellen spekulativ neuronale oder vaskuläre Verbindungen dar, die zur Steuerung des Organs oder zur direkten Energieversorgung dienen. Im Kontext Ihrer Cyanobakterien-Idee könnten die Filamente und ihre Endpunkte auch als autonome, Photosynthese betreibende Einheiten fungieren, die das Organ dezentral mit Energie versorgen.

Gesamtsystem: Der Autonome Bioreaktor für Homöostatische Entgiftung
Basierend auf der Konstellation seiner Formelemente handelt es sich bei dem abgebildeten Gebilde um einen spekulativen, hybriden Bioreaktor – ein künstliches Organ, das für die autonome homöostatische Entgiftung und Regulation eines Wirtsorganismus konzipiert wurde. Es ist ein modulares System, das die hochspezialisierte Filterleistung einer Niere (geschichtete Kammer) mit der Detoxifikationskapazität einer Leber (schwarzes Reservoir) und dem intelligenten Monitoring eines Sensoriums (grüne Kugel) vereint. Seine primäre Funktion ist die Erhöhung der Überlebensfähigkeit in einer Umwelt, die durch extrem hohe Toxinbelastung oder unvorhersehbare Nahrungsquellen gekennzeichnet ist. Es handelt sich um ein Notfall-Organ, das durch seine integrierten Muskelzellen (Ableitung aus der Pinkfärbung und der schwarzen Basis) und die Cyanobakterien-ähnlichen Energie-Filamente (Spekulation über die Verbindungen) eine höhere Autonomie und Resilienz gegenüber herkömmlichen, rein passiven Organen besitzt. Das System ist somit ein Produkt einer Design-Fiktion, die eine zukünftige Biologie postuliert, in der Organe nicht nur Funktionen erfüllen, sondern auch aktiv ihre eigene Umgebung überwachen, sich selbst reinigen und ihre Leistungsfähigkeit dynamisch anpassen.

GENERATER VIDEO INTERPOLATION

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Further reading and looking

📖 THEORIE

Object Oriented Ontology (OOO) – Eine Definition


Die Object Oriented Ontology (OOO), zu Deutsch etwa objektorientierte Ontologie, ist eine philosophische Strömung des 21. Jahrhunderts, die dem Spektrum des Spekulativen Realismus zugerechnet wird. Ihr zentrales Anliegen ist eine radikale Dezentrierung des Menschen und eine Abkehr vom Korrelationismus, also der Annahme, dass sich die Welt immer nur in ihrer Korrelation zum menschlichen Bewusstsein erschließe. Stattdessen postuliert die OOO eine flache Ontologie, in der alle Dinge – ob lebendig, unbelebt, real oder fiktiv – gleichermaßen als Objekte existieren.

Was ist die Object Oriented Ontology?


Gegenstand der OOO sind nicht nur klassische Gegenstände wie Steine oder Tische, sondern auch Entitäten wie Elektronen, Institutionen, Fiktionen, Gefühle und mathematische Theorem. Jedes dieser Objekte wird als etwas begriffen, das über seine bloßen Eigenschaften und Relationen zu anderen Objekten hinausweist. Ein zentraler Begriff ist hierbei Entzug (withdrawal): Kein Objekt lässt sich jemals vollständig erfassen, weder durch seine Beziehungen zu anderen Objekten noch durch menschliche Zugriffsweisen (wie Wissenschaft, Philosophie oder Kunst). Der wahre Kern eines Objekts bleibt immer in sich verschlossen und entzogen.

Dies führt zu einer Theorie der indirekten Beziehungen. Objekte können niemals direkt miteinander interagieren. Stattdessen "berühren" sie sich nur über Übersetzungen und Verzerrungen in einem gemeinsamen Raum oder Medium. Ein klassisches Beispiel ist die Kerze, die den Tisch nicht direkt "berührt", sondern deren Flamme den Tisch durch Hitze und Licht, also durch vermittelnde Objekte, affiziert. Diese Beziehungen werden als Verführung (allure) beschrieben – ein ästhetischer Schleier, der die Tiefe und den Entzug der Objekte andeutet, ohne sie je ganz offenzulegen.

Wofür ist das gut?


Die Object Oriented Ontologie dient vor allem als ein Werkzeug für ein neues Denken. Sie ist gut dafür, den Anthropozentrismus – die Tendenz, den Menschen als Mittelpunkt der Welt zu betrachten – in Frage zu stellen und zu überwinden. Dies eröffnet neue Perspektiven in verschiedenen Disziplinen:

In der Ökologie ermöglicht sie eine Ethik, die nicht-menschlichen Akteuren wie Flüssen, Tieren oder Ökosystemen einen eigenständigen Wert jenseits ihres Nutzens für den Menschen zuspricht. In den Kunst- und Geisteswissenschaften inspiriert sie zu einer Betrachtung von Kunstwerken, Architektur und Literatur, die diese als aktive, widerständige Objekte begreift, die ihre eigenen Geheimnisse bewahren. Für die Design- und Technikphilosophie bietet sie ein Framework, um die agency und die oft unvorhergesehenen Wirkungen von Technologien und Alltagsgegenständen zu analysieren. Letztlich ist sie ein Instrument, um die Welt als einen komplexen Schauplatz von Begegnungen zwischen gleichwertigen, geheimnisvollen Objekten zu betrachten und so unsere Wahrnehmung für die Fülle des Seienden zu schärfen.

Wo finden wir das?


Die Einflüsse und Anwendungen der OOO sind vielfältig. In der Kunst finden sich ihre Spuren in Werken, die die Materialität und Eigenlogik der Dinge betonen, beispielsweise in der Skulptur oder der Installationskunst. In der Literaturwissenschaft wird sie im Spekulativen Realismus von Autoren wie H.P. Lovecraft wirksam, dessen Monster die Grenzen menschlichen Verstehens markieren. In der Architektur beeinflusst sie Debatten über die Beziehung zwischen Gebäuden und ihren Nutzern, wobei das Gebäude als ein eigenständiger Akteur verstanden wird. In der Medienwissenschaft hilft sie, Technologien nicht als neutrale Werkzeuge, sondern als Mittler zu begreifen, die die Welt auf spezifische Weise übersetzen und formen. Selbst in der popululären Kultur, etwa in Filmen, in denen alltägliche Gegenstände ein unheimliches Eigenleben entwickeln, schwingen oft ooo-artige Gedanken mit.

Referenzen und Quellen


Der Begründer der Object Oriented Ontology ist der amerikanische Philosoph Graham Harman. Sein Schlüsselwerk Tool-Being: Heidegger and the Metaphysics of Objects (2002) legte den Grundstein. Weitere zentrale Werke von ihm sind The Quadruple Object (2011) und Object-Oriented Ontology: A New Theory of Everything (2018).

Weitere wichtige Vertreter sind Timothy Morton, der die OOO mit ökologischen Fragestellungen verbindet (Hyperobjects: Philosophy and Ecology after the End of the World), und Ian Bogost, der sie auf die Analyse von Alltagsphänomenen und Videospielen anwendet (Alien Phenomenology, or What It's Like to Be a Thing). Die französische Philosophin Quentin Meillassoux gilt mit seinem Werk Nach der Endlichkeit (2006) zwar nicht als OOO-Vertreter im engeren Sinne, aber als zentraler Impulsgeber des Spekulativen Realismus, aus dem die OOO hervorging. Eine kritische und einordnende Auseinandersetzung bietet The Speculative Turn: Continental Materialism and Realism (2011), herausgegeben von Levi Bryant, Nick Srnicek und Graham Harman.